Sommerein - Netzflexibler Wohnbau mit Bauteilaktivierung
Der Wohnpark Wolfsbrunn ist das 1. Soziale Wohnbauprojekt in NÖ mit thermischer Bauteilaktivierung (TBA). Ein zweigeschossiges Gebäude mit 22 Wohnungen für Generationenwohnen und 14 Reihenhäuser wurden bereits realisiert. Die Siedlung zeigt als Demonstrationsprojekt, wie Bauteilaktivierung in Kombination mit erneuerbaren Energiegewinnungssystemen als kostengünstige und klimaschonende Alternative zu Erdöl und Gasheizung fungiert.
Erneuerbarer Strom wird zu kostengünstigsten Zeiten bezogen, in die Betondecke eingespeichert und bei Bedarf zur Temperierung der Räume verwendet. So funktionieren die Betondecken mit ihrer hohen Speicherkapazität als Akku für die alternative Überschussenergie.
Ein Vorzeigeprojekt in Sachen Energieeffizienz, Erneuerbare und Wohnkomfort
ERSTE ERGEBNISSE
Die Ergebnisse aus dem Monitoring der Wohnhausanlage in Sommerein zwischen August 2020 und Juli 2022, zeigen die hohe Effizienz der Anlage. Die Monitoringdaten wurden von Bauphysiker Klaus Kreč ausgewertet, mit Unterstützung der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich und weiterer Projektpartner. Unabhängig von den Außentemperaturen konnte die Raumtemperatur über zwei Jahre extrem konstant gehalten werden. Der Unterschied zwischen der Oberflächentemperatur der thermisch aktivierten Decke und der Raumtemperatur blieb dabei kleiner als 0,7 Kelvin. Das Ziel, den Großteil des Stromverbrauchs für die thermische Konditionierung des Wohnhauses durch Wind-Überschussstrom zu decken, konnte ebenso erreicht werden.
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DAS PROJEKT
- 2453 Sommerein, Wolfsbrunn
- Bauträger: SÜDRAUM / EBSG
- Architektur: AW/Architekten
- Bauteilaktivierung: FIN – Future is Now Kuster Energielösungen GmbH
- Monitoring: eNu, Klaus Krec, FIN, GRT, Boku, VÖZ
- Bauablauf: Herbst 2019
- Fertigstellung Bauphase 1 (Reihenhäuser),
- Frühjahr 2020 Fertigstellung Bauphase 2 (Wohnhaus)
Innovative Gebäudetechnik im sozialen Wohnbau
Das innovative Gebäudetechniksystem mit der Kombination von Erdsonden, Wärmepumpen – großteils betrieben mit Windenergie – und thermischer Bauteilaktivierung dient der ganzjährigen Gebäudekonditionierung. Je eine Wärmepumpe mit 70 m Tiefensonde für jedes Reihenhaus und eine für das Wohnhaus ermöglichen ein ressourcenschonendes Heizen und Kühlen der Gebäude sowie eine individuelle Anpassung der Temperatur je nach Bedürfnis der Bewohner*innen.
Es ist vorgesehen, den für die Wärmepumpen benötigten Strom großteils aus dem nahegelegenen EVN Windpark zu beziehen. Ein Windsignal dient der effektiven Nutzung von Stromüberschüssen im öffentlichen Netz.
DAS PRINZIP
Eingebaute Rohrregister leiten je nach Bedarf kühle oder warme Flüssigkeit durch die Betondecke, die als thermischer Speicher die Wärme aufnimmt und langsam an die Umgebung abgibt. Im Normalbetrieb arbeitet die Wärmepumpe nur bei Windstromüberschuss, die hohe Speicherfähigkeit der Betonbauteile sorgt für die Überbrückung windarmer Zeiten – eine einfache Lösung für Energieversorgung mit volatiler erneuer-barer Energie.
Lediglich bei einem Absinken der Deckentemperatur unter eine definierte Komfort-grenze wird die Wärmepumpe unabhängig von den Windverhältnissen aktiviert, womit der thermische Komfort gesichert ist.
MONITORING
Die Analyse der Funktions- und Wirkungsweise sowie das Herausarbeiten des Einflusses des Nutzerverhaltens auf das Endresultat der eingesetzten thermischen Bauteilaktivierung erfolgte vom 1. August 2020 bis 31. Juli 2022 mittels Monitoring. Die Monitoringdaten wurden vom Büro für Bauphysik Klaus Krec ausgewertet, mit Unterstützung der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich und weiterer Projektpartner. Die herausgearbeiteten Erkenntnisse zeigen den Mehrwert eines Monitorings durch qualifizierte Expert*innen. Diese Form der Qualitätskontrolle hat entscheidend zur Erreichung der Projektziele, wie der Last- verschiebung im öffentlichen Stromnetz und der Etablierung einer Speichermöglichkeit, beigetragen. Der im Herbst 2022 in Fertigstellung befindliche Endbericht soll auch die Praxisumsetzung entscheidend weiterbringen.
Temperaturkonstanz durch thermische Bauteilaktivierung –
Vergleich Außentemperatur und Innentemperatur in zwei Reihenhäusern
Unabhängig von den Außentemperaturen konnte die Temperaturkonstanz selbst über 2 Jahre extrem hochgehalten werden. Der Unterschied zwischen Oberflächentemperatur der thermisch aktivierten Decke und der Raumtemperatur blieb dabei kleiner als 0,7 Kelvin.
Wichtige Ergebnisse zur thermischen Bauteilaktivierung:
- Das Ziel, den Großteil des Stromverbrauchs für die thermische Konditionierung des Wohnhauses durch Überschussstrom aus dem naheliegenden Windpark zu decken, konnte erreicht werden.
- Die Verwendung von Strom zur Beheizung von Gebäuden ist nur dann effektiv, wenn der Strom zum Betrieb von Wärmepumpen aus erneuerbarer Energie kommt und die Art und Regelung der Wärmepumpe zu einer möglichst hohen Jahresarbeitszahl führt. Hierzu leistet die Bauteilaktivierung als Flächenheizung einen entscheidenden Beitrag.
- Hohe Temperaturkonstanz des Systems:Im Monitoringzeitraum von zwei Jahren waren die Unterschiede zwischen Oberflächentemperatur der thermisch aktivierten Decke und der Raum temperatur überwiegend kleiner als 0,7 Kelvin. 90 % aller gemessenen Temperaturen lagen innerhalb des gewählten Komfortbands, das mit 1,9 Kelvin festgelegt war (in der Wohnküche eines gemessenen Reihenhauses zwischen 21,8 °C und 23,7 °C. Dabei wurden aufgrund der hohen zeitlichen Auflösung (Auswertung alle 15 Minuten) auch kurzzeitige Temperaturschwankungen erfasst.
- Die Änderung des Heizsystems von der Vorgabe einer Solltemperatur (Heizsaison 2020/21) auf die Vorgabe eines Temperaturbands (Heizsaison 2021/22) hatte keinerlei negative Auswirkungen auf die thermischen Verhältnisse in den Wohnungen während der Heizsaison.
Vergleich des Windsignals mit der realen Stromerzeugungskurve
Für die Auslösung des Windsignals wurde die Windstrom-Prognose der APG herangezogen. Diese löste das Windsignal (rote Linie) aus. Das Windsignal wird hier mit dem durch die Windkraftwerke in der Regel- zone der APG tatsächlich erzeugten Windstrom (blaue Linie) für die Kalenderwoche 46 des Jahres 2021 verglichen.
In Zeiten mit einer Windstromproduktion über 500 MW springt das Windsignal auf 1, womit ein Stromüberschuss angezeigt wird und die Wärmepumpen zum Beladen der thermisch aktivierten Decken frei gegeben werden können.
Monatssummen des Stromverbrauchs der Wärmepumpe Heizsaison 2021/22
Die Monatssummen des Stromverbrauches der für das Wohnhaus genutzten Wärmepumpe in der Heizsaison 2021/22 zeigen, dass ein Großteil des Verbrauches mittels Windstrom gedeckt werden konnte. Das Windsignal wurde im Oktober 2021 eingeführt und war anfangs noch mit technischen Problemen behaftet. Somit sind die Monate des Jahres 2022 repräsentativer für den tatsächlichen Verbrauch.
Es ist somit gelungen, den Verbrauch an „Normalstrom“ auf ca. 1/5 jenes Verbrauchs zu reduzieren, der bei gleichmäßig durchlaufender Wärmepumpe zu erwarten wäre. Anders ausgedrückt heißt dies, dass ca. 80 % des während der Zeiten ohne Windüberschussstrom anfallenden Verbrauchs in die Zeiten mit Windüberschussstrom „verschoben“ werden konnten. Damit wird das Überangebot an Strom während windreicher Zeiten genutzt und der Stromverbrauch während Zeiten ohne Windüberschuss gezielt und deutlich spürbar reduziert.
„Großflächige Betonbauteile ersetzen den klassischen Heizkörper bzw. die Klimaanlage. Die Bauteilaktivierung ist prädestiniert für die Koppelung mit erneuerbaren Energiequellen; damit wird Klimaschutz im Wohnbau aktiv umgesetzt. Die thermische Bauteilaktivierung ermöglicht passives und damit umweltfreundliches Kühlen – ein Thema, das durch die zunehmenden Hitzeperioden von steigender Bedeutung ist, wie auch der aktuelle IPCC-Bericht zeigt“, Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie.
Förderung/Ausführende
Förderung
- Land Niederösterreich
Ausführende
- Bauträger: SÜDRAUM www.ebsg.at
- Architektur: AW/Architekten www.awarchitekten.at
- Energieplanung: FIN – Future is now www.futureisnow.eu
- Baufirma: Pfnier www.pfnier.at